Der
Querschwimmer
Der
bebrillte Schwimmer durchfurchte den rechten Rand des Beckens. Ohne
Pause spurte er seine Bahn.
Niemand
kreuzte seine Bugwelle.
Die
anderen, meist Frauen, schwammen unterschiedliche Bahnen, flexibel,
wo immer sie Platz fanden. Mal verschnaufte eine am Rand, mal
schwammen ein paar als kleine Gruppe und schwatzten miteinander.
Ertrunkene Insekten von der Wasseroberfläche sammelten sich in
Dekolletés.
Rückenschwimmen
gab es nach Lust und Laune oder nach Sonnenstand.
Problemlos,
ohne Zusammenstoß oder ungesunde Drehung des Halses glitten die
Schwimmbadbesucher entspannt durch das Wasser.
Alles
hatte seine Ordnung, alle waren zufrieden und genossen das
allmorgendliche Ritual - bis zu jenem Dienstag Anfang Juli.
Plötzlich
war ein Neuer da, nicht mehr ganz jung.
Auch
ihm wird freundlich zugenickt, bevor die tägliche Routine beginnt.
Der bebrillte Schwimmer strebt zu seiner Bahn, zwei Frauen suchen
sich ihre Bahnen in stummer Rücksichtnahme.
Der
Grauhaarige zögert noch.
Die
beiden Frauen und der Sportschwimmer schwimmen fünfundzwanzig Meter
hin, fünfundzwanzig Meter zurück, hin und zurück…
Jeder
im eigenen Rhythmus. Die fast meditative Stille wird nur durch den
Wellenschlag unterbrochen.
Dann
geschieht das Unerhörte: der Fremde plumpst ins Wasser!
Plätschert
einfach quer durch das Becken! Schwimmt von rechts nach links
zwischen den Frauen hindurch, allerdings ohne sie zu behindern.
Ihre
Blicke krallen sich in seinen Rücken.
Was
wagt dieser Neuling?
Er
schwimmt lächelnd und ohne Plan und Ziel!
Der
Sportschwimmer zieht autistisch seine Bahnen, die beiden Damen aber
dümpeln miteinander flüsternd am Rand.
Es
dauert einige Schönwettertage, ehe die neue Erfahrung alltäglich
wird.
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