"Ohne Zweifel: Die Gesellschaft, in der wir leben, hat viele traditionelle Riten des Überganges über Bord geworfen, Lebensläufe sind heute nicht mehr nach Stockwerken gegliederte Wege. Keine Aufstiege in ein vollgültiges Erwachsenenleben, mit allem, was dazugehört. Abschied von der Kindheit, erste Freiheiten, Abschied von den Eltern. Ehe, (dieses Gespenst des Endgültigen!). Dann womöglich Scheidung, Alter, Tod. Es ist nicht neu, dass sich die Dinge verändern." aus: Frank Witzel, Die Möglichkeiten einer Micky Maus - hier aus der Laudatio auf Frank Witzel von Paul Jandl, Verbrecher Verlag, Reihe Wortmeldungen
gestern war ich in der buchhandlung als eine frau nach einer gratulationskarte zur jugendweihe fragte. die junge buchhändlerin wusste nicht welche feier das ist, eine andere frau sagte, das sei wie konfirmation. die jugendweihe ist ein übergagsritual, ebenso wie die konfirmation, das jugendliche kind wird in die erwachsenenwelt aufgenommen. inzwischen finden beide feiern immer weniger statt, haben für die meisten ihren wert verloren. die säkularisierung des alltags, die verschiedenen weltanschauungen und die verlorene verankerung der menschen an einem festen ort führen nicht wie früher zu jahrgangsweisen feiern in einer schulklasse oder kirchengemmeinde. dies trifft nicht nur auf diese jugendweihe oder konfirmation zu, auch hochzeiten sind nicht mehr unbedingt im kirchlichen rahmen, oder trauerfeiern.
man mag auf manche auswüchse dieser konventionellen feiergestaltungen gerne verzichten, aber die anlässe sind doch immer ein innehalten wert gewesen und sind es noch. wo finden wir neue arten der gestaltung unserer übergänge? der einzelne mensch war mittelpunkt, zum ersten mal herausgehoben aus seiner gemeinschaft wurden die jungen menschen gefeiert. es gab besondere kleidung und geschenke, ohne etwas dafür zu tun.
weihnachten oder ostern, ramadan oder das jüdische neujahrsfest - alles fällt bei vielen menschen der beliebigkeit anheim, sie verabschieden sich von bräuchen, die das jahr gliederten und gemeinschaft förderten. was gibt es stattdessen?
sehen wir noch den rhythmus der natur und deren sinn? vorfreude auf die jahreszeiten, wie vorfreude auf feste helfen uns über vieles hinweg.
Leseempfehlung: Lea Ypi, FREI, Suhrkamp Tb - Deutschlandfunk: "Voller unvergeßlicher Szenen und Figuren, ein Buch, das man nicht aus der Hand legen mag." so war es...
Jane Campbell, KLEINE KRATZER, Kjona Verlag TB, "Irre schön"- Christine Westermann, Dreizehn Heldinnen, die sich nicht aufs Altenteil schieben lassen.
AntwortenLöschen"Tradition und Brauchtum sind nicht nur unsere Wurzeln,
sondern stehen auch für Gemeinschaft und Zusammenhalt."
(Wolf, Thomas)
Ja, so ist es ... lb Roswitha 👩❤️👩
Die Menschheit verarmt dadurch,
und das Leben wird oberflächlicher ... meine Meinung ... seufz 😔
Herzlichen Donnerstagsgruß von Annette 🍃🌷🙋🏻♀️
danke, liebe annette, auch für das zitat. herzlich grüßt roswitha
LöschenIch fühle mich sehr zuhause in Deinen Gedanken, liebe Roswitha. Selbiges, von Dir Beschriebenes, empfinde ich ebenso, wenn ich auch erlebe, dass es in tief ländlichen Gegenden diese Feste und Bräuche noch gibt. Eine Jugendweihe ist mir allerdings nicht bekannt.
AntwortenLöschenIch sehe jedoch wieder eine große Ernsthaftigkeit bei jenen, die von ihren Eltern gut begleitet werden. Ich war letztes Wochenende bei einem Konzert von Blasmusiker*innen. Die jungen Mädchen und Buben sind mit einer riesigen Begeisterung dabei, das zeigt mir schon, dass auch der Zusammenhalt noch einen Wert hat. Weniger von alldem beobachte ich im urbanen Raum, hier schwindet vieles, was einen Gemeinschaft und Bräuche erleben lässt.
Herzliche Grüße zu Dir, C Stern
das freut mich, zustimmung macht auch stärker, und stärke können wir ja brauchen, so wir auch milde haben. danke, lieben gruß, roswitha
LöschenVerarmen ist das passende Wort zu diesen Feierverlusten!
AntwortenLöschenDas Buch der alten Therapeutin ist stark!
Das andere werde ich mir besorgen! Dankeschön sagt Sonja
liebe sonja, wir werden das feiern nicht verlernen, gell, herzlich, roswitha
LöschenUnd was fehlt in unserer Gesellschaft? Eben die Gemeinschaft, der Zusammenhalt.
AntwortenLöschenWo jeder nur noch nach seiner eigenen Fasson selig wird, findet keine Gemeinschaft mehr statt. Und es sind ja nicht nur die Feste die verloren gehen, es sind allgemein die gemeinsamen Rituale.
Bei uns auf dem Dorf herrschte früher tatsächlich "Sonntagsruhe", es wurde nur das Nötigste gearbeitet, dann war Stille. Die Menschen ruhten aus, ließen es sich gut gehen, besuchten einander. Und heute? Der eine Nachbar mäht Rasen, der andere hantiert mit der seiner Bohrmaschine, ein Staubsauger läuft, es wird geschuftet, weil man unter der Woche keine Zeit fand ... Auch für diejenigen, die noch Stille suchen, ist es schwer, sie zu finden.
wir können nur mit gutem beispiel vormachen, wie es sein könnte nach unserer meinung. aber in ruhezonen, wo es vorgeschrieben ist, da bitte ich um ruhe. sonst helfen meine hörgeräte, die ziehe ich aus. ;-)), lieben gruß, roswitha
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