Der
Gerüstbauer - Begegnung im IC
Geboren
in Berlin Mitte, stolz auf seinen Stadtteil. Über die Zeit vor der
Wende hat er keine Erinnerungen mehr, war er noch Kind, sagte er.
Verdient prima, hat eine Eigentumswohnung gekauft in seinem
Stadtteil, modern, mit Tiefgaragenplatz. Den braucht er nicht, weil
er kein Auto hat. In Berlin ist ein Auto nur lästig, meint er. Er
leiht sich eines, wenn er es braucht. Seine Freundin studiert
Betriebswirtschaft, sie wohnt bei ihm. Heiraten wollen sie
irgendwann, aber Kinder in Berlin möchten sie keine. Große Scheiße,
wie die Kinder hier in der Stadt leben, das wollen sie Kindern nicht
zumuten.
Er
fährt zu seiner Oma aufs Land, bei Erfurt. Da können Kinder leben,
dort kann auch er leben. Er sagt, das sei der Ort, an dem er sich
grenzenlos wohl fühle. Er ist voller Vorfreude auf seine Oma und die
Verwandten, eine große Familie sind sie dort. Von Politikern hält
er nicht viel, wirtschaften doch eher für ihresgleichen, behauptet
er. Aber er ist gegen Techniken, die der Umwelt schaden, gegen
Atomkraft und Gentechnik.
So
sitzt er vor mir: Ein junger Mann mit Glatze, riesige Tätowierungen
an den Armen, Minihandy in der Sporttasche, auf dem Weg zu seiner
Oma. Er hatte mich nur angesprochen, weil er Feuer für seine Lucky
brauchte.
Wenn
er von seiner Oma sprach, kam soviel Wärme in seinen Ausdruck, dass
ich diese Oma beneidete. Und von der Landschaft um das Dorf schwärmte
er fast wie die alten Erzähler.
Sonst
ist er ganz cool. Jemanden in der Stadt helfen findet er unnötig,
jeder solle selbst sehen wie er zurechtkommt, denkt er. Ihm gehe es
gut, seiner Freundin auch. Und wenn er Zeit habe, fahre er zu Oma,
andere Urlaubsziele brauche er nicht. Das ist jetzt so, sagt er, wie
es später sein wird, weiß er nicht.
Gutes Lebensplanung:
AntwortenLöschenMit Freundin, Beruf, Wohnung, Wohlstand
+ mit Oma
und der vertrauten Heimat... zum Besuchen ♥
So sterben WIR denn dann aus, wen kümmert´s (ړײ)
Da hat jemand seinen Platz im Leben gefunden. Erfurt finde ich großartig. Wenn ich nach Berlin fahre, mache ich dort gelegentlich einen Zwischenstopp. Krämerbrücke, Dom, die guten Bratwürste - dort lässt es sich aushalten.
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