Freitag, 12. November 2021

eigener sinn

                                                                  

der philosoph peter sloterdijk sprach im heidelberger DAI über die wiederkehr der götter nach einer zeit "spiritueller dürre", die seit dem 19. jahrhundert über die menschheit hereingebrochen sei. nach einer reihe geschichtlicher rückgriffe kommt er zum schluß, dass den westlichen menschen durch die religiösen traditionen eine innensteuerung geblieben sei. im fernen osten fehle die theologische überwelt, anstelle von hochgöttern hätten sie das kaisertum, daher sei das weitgehende überwachungsystem in china eher akzeptiert als veräußerlichte form des gewissenersatzes. und auch im westen lassen menschen sich laut sloterdijk eher gängeln, als eigenen leitlinien zu folgen.

sein schluß war, in der gegenwart stehe die angstfrage im zentrum aller religionsgeschichtlichen überlegungen. diese angst habe bereits seneca benannt, dieser verglich den menschen mit einem gladiator: er weiß, dass er die arena des daseins nicht lebend verlässt.

sloterdijk sieht in der gegenwart eine sehnsucht der menschen nach vergangenen zugehörigkeiten (geborgenheit) wieder aufleben(z.b. großfamilie, nachbarschaft).

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ich sehe eine große gefahr darin, dass unsichere menschen sich eindeutige ansagen wünschen, oder einfache erklärungen von schwierigen situationen. in den schulen sollten kinder lernen eigene schlüsse zu ziehen, freude am denken erfahren und das staunen über die weite welt und ihre möglichkeiten entdecken.

sehr müde machen mich die rufe nach macht überall in der welt, die denkfaulheit mancher mitmenschen und eine suche danach, für sich selbst den jeweils größten gewinn aus etwas herauszuschlagen. die erde könnte auch ein bewohnter garten sein, statt wettkampfarena!

allen leserinnen und lesern ein schönes wochenende.



5 Kommentare:

  1. Der bewohnte Garten wäre auch für mich um ein Vielfaches schöner als eine Wettkampfarena.
    Aber der Garten müsste auch gehegt und gepflegt werden und sollte nicht nur als schöne Kulisse dienen.
    Danke für die Anregungen und dir ebenfalls ein freudiges Wochenende,
    Birgitte

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    2. liebe brigitte, dann pflegen wir weiter, für den garten und uns. herzlichen gruß, roswitha

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  2. Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
    Sie sprechen alles so deutlich aus.
    Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
    und hier ist der Beginn und das Ende ist dort.

    Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
    sie wissen alles, was wird und war;
    kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
    ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

    Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
    Die Dinge singen hör ich so gern.
    Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
    Ihr bringt mir alle die Dinge um.

    Rainer Maria Rilke (1899)

    Nebelig, herzliche WE - Grüße von Annette 🙏🥰🙋‍♀️

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  3. liebe annette, ich hoffe, der nebel hat sich etwas verzogen, aber sei gewiß: über dem nebel ist immer die sonne, zumindestens tagsüber. danke für den rilke, herzlichen gruß, roswiths

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