Mittwoch, 21. Juni 2023

Gegenwart in Freiheit

 

                                                            Hof Tacheles, Berlin


"Im Kopf hatte ich noch die alten Konflikte des Wohlverhaltens vor Gott in der Josephs- Vergangenheit des Romans(Thomas Mann, Joseph und seine Brüder) und in der neuen Zeitung die Wohlverhaltensdiktatur der Zukunft und fühlte mich glücklich!

Da die Vergangenheit, da die Zukunft, begreife den Reichtum deiner Gegenwart, so ähnlich pathetisch blitzten die unfertigen Gedanken. Ein kleiner Moment der Erleuchtung, irgendwo zwischen Ostkreuz, Treptower Park und Neukölln. Ich sah mich um und hatte den Eindruck, der einzig glückliche Fahrgast zu sein. Richtig glücklich, dass ich, dass wir die Zwischenphase erwischt haben, eine Gesellschaft, die nicht vom Gehorsam geprägt ist. Ahnungslos drehen wir unsere S- Bahn-Runden, hecheln voran auf unserem banalen kleinen Lebenslauf und merken nicht, in welcher relativ glücklichen Epoche wir leben."

aus: Friedrich Christian Delius, Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich, rororo Tb.

ich lese mit wachsendem erstaunen das buch und erschrecke beim lesen der tageszeitungen und netznachrichten. wir wussten alles und taten zu wenig, und gleichzeitig gab es nie eine generation wie unsere, die der menschen ab ca. 1948 bis 1970, die nur aufschwung erlebten in westdeutschland. eigentlich gibt es wenig dankbarkeit, wir hatten unsere chancen und die freiheit, anders als die menschen vor uns, aber auch anders als die, die nach uns kommen.   

ich kann die zeit nicht rückwärts drehen, aber ich kann meine ansprüche begrenzen, eine freiheit zu einem gutem leben für möglichst viele suchen, indem ich beginne.

6 Kommentare:

  1. Danke für diese schönen und bedenkenswerten Impulse.
    Ja, wir wurden von der Epoche beschenkt, verwöhnt und in falscher Sicherheit gewiegt...
    Ein Umdenken tut not.
    Liebe Grüsse in den Tag,
    Brigitte

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. bleiben wir wach und schauen und handeln, herzlichen gruß, roswitha

      Löschen
  2. Genauso,
    liebe Roswitha,
    sehe ich es auch und versuche danach zu leben.
    Verzicht auf so manches, was unnötig ist, sollte für die meisten von uns selbstverständlich sein und nicht weh tun...
    Mit einem lieben Gruss in den Mittsommertag
    Hausfrau Hanna


    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. es ist gut, wenn mehr so denken, wir machen weiter, herzlichen gruß, roswitha

      Löschen
  3. ja, genau so! und ehrlich gesagt sind die verzichte gar nicht schwer. vieles liessen wir einfach im lauf der Jahre, weil - nicht not-wendig...
    lieber gruß
    Sylvia

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. das freut mich, wir sehen es genauso. gut ist, dass wir auch unseren großen enkeln etwas davon mitgeben konnten. wir sind jetzt in eine wohnung in der stadt gezogen, unsere enkel wohnen im haus. es ist auch befreiung, dinge loszulassen und die eigene lebenssituation immer anzupassen. mit leichtem gepäck kann ich üben. herzlichen gruß für dich, liebe sylvia, roswitha

      Löschen

Veränderungen

                                               Kunstpark Seckach   Marie von Ebner-Eschenbach Das eilende Schiff, es kommt ...