Freitag, 4. April 2025

Freitagsblümchen und mehr


 

Heutige Weltkunst
Anders sein und anders scheinen,
Anders reden, anders meinen;
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, stets behagen,
Allem Winde Segel geben,
Bös’ und Guten dienstbar leben;
Alles Tun und alles Dichten
Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen,
Kann politisch heuer heißen.
 
„Heutige Weltkunst“ wurde im Jahre 1654 zur Zeit des Barock von dem deutschen Dichter Friedrich von Logau (1605–1655) verfasst. (Wikipedia)
 
das dies wahrheit sein könnte, wollen wir nicht glauben. aber einzelne "entgleisungen" in diese richtung gibt es. genau dem müssen wir information und geduld, freundlichkeit und zuversicht entgegensetzen.
es gab immer zeiten wie "unsere", und immer ist eine mehrheit der menschen leider zu gleichgültig. singen wir lieder mit ihnen, heute war ein straßenmusiker da und es war wunderbar, wie sich die gesichter der menschen aufhellten, wenn sie ihn gewahr wurden. auch schön war, wie kinder geld in die gitarrenkoffer warfen: schüchtern ankommen, geld hineinlegen und fröhlich weghüpfen. als sei eine schwere aufgabe erledigt.
 
ja, die kinder...

 
 
 

Donnerstag, 3. April 2025

ostern vor achtzig jahren, eine wanderung


vor genau achtzig jahren ging meine zukünftige, neunzehnjährige mutter mit ihrer gleichaltrigen freundin gerda aus aachen und dem siebzehnjährigen jupp aus st. vith in belgien quer durch deutschland. dieser tage las ich ihren bericht wieder, da überall an das achtzigjährige kriegsende gedacht wird. 

voller dankbarkeit über mein leben ohne krieg werde ich dabei, wir "nach dem krieg" geborenen hatten glück und hielten unser leben für selbstverständlich. aber krieg hatte es immer irgendwo gegeben, nur so nah war er uns nie gekommen. was haben wir falsch gemacht, dass machthungrige alte männer so mit dem leben der menschen spielen können? nehmen wir unsere lebenserfahrung und unsere dankbarkeit, um daraus die kraft zu schöpfen, die wir für unseren widerstand brauchen. setzen wir uns ein in familie und nachbarschaft und gesellschaft. helfen wir mit unsere demokratie zu erhalten. 

 

"Die Ereignisse überstürzten sich im Ende Februar. Unsere Arbeit wurde eingestellt, jeder wollte nach Hause, aber wie? Kein Zug fuhr mehr Richtung Heimat. Am Gasthof Lindenhof standen meine Freundin Gerda und ich oft mit anderen, um eine Möglichkeit zur Heimreise zu finden. Durch unseren rheinischen Dialekt fielen wir einem jungen Mann auf. Jupp war erst siebzehn Jahre und stammte aus St. Vith in Belgien. Da Gerda aus Aachen war, hatte er fast den gleichen Weg und durfte sich an unseren Reisevorbereitungen beteiligen. Er konnte seine Taschenuhr gegen einen Handwagen tauschen, der sich sehr bewährte.

Nach einer Woche gingen wir los. Unsere einzige Orientierung war eine Bahnstreckenkarte. In der Nähe war ein Verpflegungslager gesprengt worden, hier luden wir unseren Handwagen voll mit Kunsthonig, Grieß und Zucker. Eine Zeltplane als Abdeckung kam darüber, wir fühlten uns reich und frei, bereit für den langen Weg. Aber auch mit unseren gehorteten Schätzen zahlten wir das Notwendige. Unser Geld wollte niemand! Entgegen der Erwartung meiner Zimmerwirtin fiel der Handwagen nicht auseinander, wir kamen in der Karwoche 1945 am Rhein an. Amerikaner griffen uns auf und trieben uns mit vielen anderen Menschen in einen großen Hof. Dort wurden wir alle mit DDT eingestäubt, zur Bekämpfung eventueller Läuse oder Flöhe.

Über eine Brücke kamen wir nach Rheinhausen, endlich waren wir linksrheinisch, unsere Heimat rückte näher! Um neunzehn Uhr mussten wir von der Straße sein, es gab Ausgangssperre. Die Berichte der Menschen aus dem Westen waren düster, an dieser Front wurde noch gekämpft. Die Ortsansässigen sagten uns, wir sollten nur auf der Strasse laufen, um Überfällen von Fremdarbeitern zu entgehen.

An einer großen Kreuzung bei Mönchengladbach fragten wir eine ungefähr vierzigjährige Frau nach dem Weg Richtung Aachen. Auf diese Frau machten wir einen so guten Eindruck, dass sie uns fast nötigte, über Ostern bei ihr zu bleiben. Es war Gründonnerstag, 29. März 1945! Bis Dienstag nach Ostern blieben wir bei ihr, sie hatte Mann und Sohn im Krieg und wollte Ostern nicht allein sein. Zum Dank gaben wir dieser Frau unsere Reste vom Grieß, Zucker und Honig. Alle hatten wir beim Abschied Tränen in den Augen."

die strecke von porta westfalica nach aachen beträgt ca. 300 km. laut routenplaner beträgt die reisezeit mit dem auto ca. drei stunden. die jungen leute damals brauchten etwa sechs wochen. sie kamen alle gut an, den handwagen gibt es immer noch, oftmals aufgearbeitet, in der eifel.

Freitagsblümchen und mehr

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