Sonntag, 31. März 2024

vergnügtes, altes ostern


Das Gedicht „Fröhliche Ostern“ stammt aus der Feder von Kurt Tucholsky.

Da seht aufs neue dieses alte Wunder:
Der Osterhase kakelt wie ein Huhn
und fabriziert dort unter dem Holunder
ein Ei und noch ein Ei und hat zu tun.

Und auch der Mensch reckt frohbewegt die Glieder -
er zählt die Kinderchens: eins, zwei und drei …
Ja, was errötet denn die Gattin wieder?
            Ei, ei, ei,
              ei, ei,
                ei!

Der fleißige Kaufherr aber packt die Ware
ins pappne Ei zum besseren Konsum:
Ein seidnes Schnupftuch, Nadeln für die Haare,
Die Glitzerbrosche und das Riechparfuhm.

Das junge Volk, so Mädchen wie die Knaben,
sucht die voll Sinn versteckte Leckerei.
Man ruft beglückt, wenn sie's gefunden haben:
            Ei, ei, ei,
              ei, ei,
                ei!

Und Hans und Lene steckens in die Jacke,
das liebe Osterei - wen freut es nicht?
Glatt, wohlfeil, etwas süßlich im Geschmacke,
und ohne jedes innre Gleichgewicht.

Die deutsche Politik … Was wollt ich sagen?
Bei uns zu Lande ist das einerlei -
und kurz und gut: verderbt euch nicht den Magen!
vergnügtes Fest! vergnügtes Osterei!

dem allen ist nichts mehr zuzufügen, viel freude allerorten wünscht roswitha

 

 


 

Donnerstag, 28. März 2024

naheliegende gedanken

gerne gesehen im TV:

Wie und wo möchten wir heutzutage sterben? Was passiert beim Sterbeprozess? Wie steht es um die Kultur der Sterbebegleitung? Was können wir tun, um leichter mit dem Tod umzugehen?

Wie gehen die Menschen heutzutage mit dem Tod um, wie trauern sie, und wie hat sich die Bestattungskultur gewandelt?

Produktionsland und -jahr Deutschland 2024, 3 Sat 27. März 20.15 Uhr
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neue gedanken und erkenntnisse bekam ich durch diese reportagen. ich dachte bisher immer, nach meinem tod will ich verbrannt werden und die urne soll in den friedwald kommen. denke ich nun erstmal nicht mehr, weil es ja viele rituale um bestattungen gibt und friedhöfe auch gedenkorte sind. früher behauptete ich, gedenken kann man überall. das stimmt, aber ein friedhof ist eine ansammlung von gedenkorten von nahen oder fernen mitmenschen. er zeigt uns, wir sind teil einer gesellschaft. da gibt es gräber mit ganz persönlichen zeichen. und es gibt gräber, zu denen kommt nie mehr ein mensch, sie zeigen spontanvegetation. gräber von bekannten menschen werden zu pilgerstätten für fans, wie das grab von edith piaf oder von jim morrison in paris. in berlin erinnere ich mich gerne an den dorotheenstädtischen friedhof, viele bekannte menschen liegen dort. und grabsteine, an denen man traurige familiengeschichten ablesen kann.  
 
vor vielen jahren waren wir mal in kassel im museum für sepulkralkultur. eine spannende geschichte über unseren umgang mit den toten mitmenschen über jahrhunderte, wie sich die vorstellungen des notwendigen ändern, konnten wir dort sehen und lesen.
 
es ist teil unserer kultur was mit den toten geschieht. die ausstellung körperwelten ist ein beispiel für den voyeuristischen blick auf andere, der blick auf den tod verschwindet zugunsten einer gefälligen darstellung der leichen. der tod, in filmen und computerspielen allgegenwärtig, wird alltag und entfernt uns vom sterben und dem umgang mit der eigenen begrenzheit, der allgegenwärtigen todesgefahr für jede/jeden von uns. 



 

Sonntag, 24. März 2024

paris im frühling


 nun sind es sechs jahre her, seit unsere enkelkinder mit meinem mann per TGV ein tagestour nach paris unternahmen. morgens um 7.15 uhr in mannheim ging es los, abends um 22.30 uhr waren sie zurück. es sollte ein probelauf sein, später wollte auch ich mitfahren und wir wollten eine nacht übernachten. leider wurde es bisher nichts mit diesem plan. zunächst hatte ich eine hüftoperation, danach wollten wir etwas warten. im märz 2020 kam covid nach europa, und es gab demos mit den gelbwesten in paris. 

alle waren sehr fröhlich und hatten viel zu erzählen nach ihrer rückkehr. besonders lustig blieb in erinnerung, dass unser enkel das geld für den besuch der öffentlichen toilette sparen wollte. ein mensch kam aus dem automatic- wc heraus und er schlüpfte hinein, stolz über seine ersparnis. dann ging die türe zu und die duschen an: alle einrichtungen im wc wurden mit wasser abgespritzt, zum glück nicht von oben. heraus kam ein lachender, etwas genässter junger mann.

die damals zwölfjährige enkelin erzählte, opa hätte gesagt, sie führen mit dem taxi zum eiffelturm. sie gingen dann immer weiter und sind so vom ostbahnhof bis dorthin gegangen und haben die stadt richtig erlaufen. sie sagte, der turm sah so nah aus und es war richtig weit.

noch ein gedicht über eine unvollendete reise:

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Die Ameisen

In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Rest der Reise.

So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.

 

- obwohl: die parisreise schaffte erinnerungen und zum ziel, dem eiffelturm, kamen die lieben auch.

Donnerstag, 21. März 2024

geschichte im frühling


                                                      raus aus dem stall...

ich hatte nicht mehr gewußt wie laut die kleinen meisen rufen können. und der falke ruft auch und umfliegt dabei das kirchendach. zum glück ist die ente von dort schnell verschwunden. überall brechen die knospen auf und schmücken unsere welt. zum glück kommt auch die sonne noch zu uns, sie ist ja noch nicht stark, im sommer bin ich froh um die blätter an den bäumen, jetzt ist ihr fehlen hilfreich. 

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" Nein! Die Tante hat gesagt, sie war in Moskau im Mausoleum und dass die Torte eher wie Lenin aussieht, weil der so klein ist..."

"Aber geschmeckt hat sie, die Torte?"

"Na ja, Kiewer Torte mit Zuckerpilzen ist mir lieber!"

Ich musste grinsen, werfe die Zigarette weg, nehme den letzten Schluck Kaffee und wuschele dem Jungen durchs Haar. Das ist alles, was wir über die Geschichte wissen müssen: Ein Tyrann, der jahrzehntelang Millionen seiner eigenen Staatsbürger in Angst und Schrecken versetzt hat, wird eines schönen Herbsttages zu einem Salat oder einer Torte. "

Zitat aus dem Buch Rote Kreuze, Sasha Filipenko Diogenes TB

- eine greisin erzählt aus dem alten moskau, damals gab es eine torte, die wie stalin aussehen sollte. ein bewegendes buch über die begegnug eines jungen mannes mit einer fast hundertjährigen frau. die ganze russische geschichte des 20 JH. ich bin noch nicht fertig mit dem lesen, aber es ist ein buch, was mir viele erkenntnisse in geschichte brachte und anderes. nicht alles wollte ich so lesen, aber alles ist auch so. 

der junge autor ist in minsk geboren, lebt in wechselnden orten in westeuropa.

Sonntag, 17. März 2024

spazieren und sehen und spüren


die möwe emma geht über die wiese spazieren. warum geht sie zu fuß, obwohl sie fliegen könnte? sie verrät es nicht, sie will einfach gehen, sie nimmt sich die zeit. auch wir müssen nicht alles tun, nur weil wir es können.

Das Gedicht „Frühling“ stammt von Ricarda Huch.

Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum,
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.
Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende –
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!

nächste woche beginnt der frühling. ich wünsche euch allen die muße, den frühling und die sonne zu spüren. 



Donnerstag, 14. März 2024

verschiedene orte


 

Marie Louise Kaschnitz

Nicht gesagt

Nicht gesagt
Was von der Sonne zu sagen gewesen wäre
Und vom Blitz nicht das einzig richtige
Geschweige denn von der Liebe.

Versuche. Gesuche. Misslungen
Ungenaue Beschreibung

Weggelassen das Morgenrot
Nicht gesprochen vom Sämann
Und nur am Rande vermerkt
Den Hahnenfuß und das Veilchen.

Euch nicht den Rücken gestärkt
Mit ewiger Seligkeit
Den Verfall nicht geleugnet
Und nicht die Verzweiflung

Den Teufel nicht an die Wand
Weil ich nicht an ihn glaube
Gott nicht gelobt
Aber wer bin ich dass

- dieser text bewegt mich, er erzählt gleichzeitig frühling und tod und liebe, halt vom leben. ich habe keine zeit um mehr zu schreiben. 

ich wünsche euch wärmende sonne.


Donnerstag, 7. März 2024

tanzende starke frauen

       Plastik Marianne Wagner

 

„Ich habe ziemlich lange gebraucht, um eine Stimme zu entwickeln, und jetzt, wo ich sie habe, werde ich nicht mehr schweigen.“ – Madeleine Albright

„Ich kann dir versprechen, dass Frauen, die zusammenarbeiten – verbunden, informiert und gebildet – diesem verlassenen Planeten Frieden und Wohlstand bringen können.“ – Isabelle Allende

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ein Beitrag der ARD zum Weltfrauentag, sehr empfehlungswert:

Mythos Jungfernhäutchen

04.03.2024 ∙ Doku & Reportage ∙ BR Fernsehen (in der ARD-Mediathek)

Ein Jungfernhäutchen, das beim ersten Sex reißt, gibt es nicht. Trotzdem begrenzt dieser Mythos Frauen seit Jahrhunderten und verweigert ihnen die sexuelle Selbstbestimmung. Die Doku erklärt die Mechanismen der Unterdrückung und den Weg in die Zukunft.

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es gibt noch grosse lücken, diese dokumentation schließt welche. unglaublich finde ich, auf welche doppelmoral auch wir im christlichen abendland hineinfielen. der mythos der jungfrauengeburt ist nur ein kleiner schritt zum kleinhalten der frauen. 

                                                        

  „zu wissen dass wir zählen mit unserem Leben
                                                  mit unserem Lieben
                                                      gegen die Kälte
                                                         Für mich, für Dich, für unsere Welt“
                                               (Cohn 1990, Buchtitel ihres zweiten Gedichtbandes (1990)S. 2)

 wir brauchen alle einander, männer und frauen...  

Dienstag, 5. März 2024

lebensvorhang im frühling

                                                       Lebensvorhang : gemalt von Ulrike Ernst
 

für die Gläubigen:

Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen,
Mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen,
Der Augenblick ist mein , und nehm' ich den in acht ,
So ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.

A. Gryphius

für die Freidenker:

die einzige zeit, über die wir verfügen können, ist die gegenwart. reflexion über vergangenes, um daraus zu lernen oder sich zu erfreuen, ist bereichernd. aber zu glauben, irgendwann könnte man alles richtig machen, ist ebenso eine illusion, wie sich das leben als einen gradlinigen weg vorzustellen. 

wir sind unterwegs, jede/ jeder auf seinem weg. manchmal berühren wir einander, brennen für gleiche dinge, lachen miteinander. und dann wieder müssen wir streiten oder kämpfen. 

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ich lese zur zeit: IGLHAUT, Roman von Katharina Adler, Tb, der WDR schrieb " Mit stilistischer Eleganz und erzählerischem Esprit fängt Katharina Adler die Schönheit des Unspektakulären ein. Sie wirft ein warmes Schlaglicht auf ganz gewöhnliche Leben und bringt sie alle zum Leuchten."   

der roman las sich anfangs etwas sperrig, wie die frau iglhaut sich gibt. nun, nach dreiviertel gelesenem buch, bin ist begeistert, freue mich über ungewohnte wörter und witzige beschreibungen. da begegnen sich menschen, gehen miteinander um, erinnern mich an vieles aus berliner hinterhöfen(oder in anderen städten).

                                  

 


 

es war mal eine Gebäudeversicherung

Markgraf Carl Friedrich von Baden richtete am 25. September 1758 eine Monopolanstalt ein, die Badisch-Durlachische Brandversicherung, durch ...