Silvester Gedicht
Joachim Ringelnatz
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mein großvater war ein wunderbarer mann, ich war sein erstes enkelkind. ehe ich schulkind wurde ging er oft mit mir durch die kleinstadt. er ließ manchmal heimlich einen groschen fallen und machte mich dann darauf aufmerksam, dass dort geld läge. ich hob den groschen auf und war sehr froh, durfte ich mir nun beim bäcker allein etwas kaufen.
morgen würde er einhundertvierzig jahre alt! es war schön dass er silvester geburtstag hatte, außerdem hatte er noch am nikolaustag namenstag - auch der wurde in der katholischen gegend gefeiert. Steinhauer war er, während des 2.WK hausmeister in unserer volksschule und totengräber auf dem städtischen friedhof. ich wurde in der hausmeisterwohnung meiner späteren schule geboren.
mein opa war sehr ruhig, vieles in seinem leben war schwer, sinnlose kriege und der tod eines sohnes trafen ihn.
was würde er zu diesem jahr 2020 sagen? ich denke, er hätte geduld gehabt, er wäre seiner wege gegangen, hätte holz für den winter gehackt und sein pfeifchen geraucht. er war froh über freundliche menschen, machte gerne mal einen scherz mit meiner oma oder mir.
brauchen menschen silvester? vielleicht um ein jahr "zu den akten" zu legen, neu zu beginnen. es fühlt sich merkwürdigerweise neu an, das neue jahr. ich hoffe darauf, dass meine wurzeln mir kraft geben, dass mein denken mich weiterträgt und ich dazu beitragen kann, dass dieses NEUE JAHR für viele menschen ein gutes jahr wird - mit vielen gemeinsam will ich daran arbeiten.
und nicht zuletzt hoffe ich auf ein wunderbares gartenfest mit meinen lieblingsmenschen.