Mittwoch, 30. Dezember 2020

Brauchen Menschen Silvester?

 


Silvester Gedicht

Joachim Ringelnatz

Dass bald das neue Jahr beginnt,
Spür ich nicht im geringsten.
Ich merke nur: Die Zeit verrinnt
Genauso wie zu Pfingsten.

Die Zeit verrinnt. Die Spinne spinnt
in heimlichen Geweben.
Wenn heute Nacht ein Jahr beginnt,
beginnt ein neues Leben.

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mein großvater war ein wunderbarer mann, ich war sein erstes enkelkind. ehe ich schulkind wurde ging er oft mit mir durch die kleinstadt. er ließ manchmal heimlich einen groschen fallen und machte mich dann darauf aufmerksam, dass dort geld läge. ich hob den groschen auf und war sehr froh, durfte ich mir nun beim bäcker allein etwas kaufen. 

morgen würde er einhundertvierzig jahre alt! es war schön dass er silvester geburtstag hatte, außerdem hatte er noch am nikolaustag namenstag - auch der wurde in der katholischen gegend gefeiert. Steinhauer war er, während des 2.WK hausmeister in unserer volksschule und totengräber auf dem städtischen friedhof. ich wurde in der hausmeisterwohnung meiner späteren schule geboren.

mein opa war sehr ruhig, vieles in seinem leben war schwer, sinnlose kriege und der tod eines sohnes trafen ihn.

was würde er zu diesem jahr 2020 sagen? ich denke, er hätte geduld gehabt, er wäre seiner wege gegangen, hätte holz für den winter gehackt und sein pfeifchen geraucht. er war froh über freundliche menschen, machte gerne mal einen scherz mit meiner oma oder mir. 

brauchen menschen silvester? vielleicht um ein jahr "zu den akten" zu legen, neu zu beginnen. es fühlt sich merkwürdigerweise neu an, das neue jahr.  ich hoffe darauf, dass meine wurzeln mir kraft geben, dass mein denken mich weiterträgt und ich dazu beitragen kann, dass dieses NEUE JAHR für viele menschen ein gutes jahr wird - mit vielen gemeinsam will ich daran arbeiten.

und nicht zuletzt hoffe ich auf ein wunderbares gartenfest mit meinen lieblingsmenschen.

Sonntag, 27. Dezember 2020

Zeit zum (Um-)Denken


 Kingsnorth und Hine beschäftigten sich nach 2008 mit der Finanzkrise und den Folgerungen und erarbeiteten ein Manifest. Unter amderem schrieben sie:

"Uns geht es darum, die Geschichten in Frage zu stellen, die unserer Zivilisation zugrunde liegen: den Mythos des Fortschritts, den Mythos, dass sich alles um den Menschen dreht, und den Mythos unseres Getrenntseins von der Natur. Die Mythen sind umso gefährlicher, da wir vergessen haben, dass es Mythen sind." Zitat aus Natalie Knapp, Der unendliche Augenblick, Rowohlt 2016

das schlagwort von der krise als chance geistert immer mal wieder umher, aber kaum jemand meint es ernst. der mensch ist nicht krone der schöpfung, sondern mitbewohner in dem biotop erde. es ist kein fortschritt, wenn die vermögen einer minderheit sich vergrössern und aktien gewinn abwerfen und gleichzeitig menschen das lebensnotwendige fehlt. 

wir brauchen ein umdenken, vorallem aber ein anderes handeln. was ich fast unerträglich finde sind z.b. die vielen tipps wo man die besten schnäppchen machen kann. schnäppchen kosten woanders, bei den herstellern, bei der ernte, beim transport. es ist sklavenarbeit auf den schiffen, auf den plantagen für kaffee oder kakao. auch die "günstigen" kleidungsstücke gibt es nur, weil menschen und natur woanders ausgebeutet werden. und im winter in allen wohnräumen so zu heizen das ein unterhemd zum wohlfühlen reicht ist auch ressourcenverschwendung. 

tausend dinge fallen mir ein, im blog zu viele ideen. ich bitte nur darum, die zeit der pandemie auch dazu zu nutzen, wo jede/-jeder selbst zum wandel beitragen kann.


 

 



Mittwoch, 23. Dezember 2020

Chressdaach Morje/ Weihnachten


 ich wünsche allen leserinnen und lesern dieses blogs ein frohes weihnachtsfest und eine gute zeit mit mut und zuversicht. und  hoffentlich zur freude von euch einmal ein text in meinem dialekt aus der eifel. wir mussten es in der grundschule lernen(volksschule, 50-er jahre!)

 Chressdaach Morje

von Peter Zirbes(1825- 1901)


Ob Chressdaach Morje woaret kalt

un kneppelhort jefror,

doh kräht de Honn un aller Freh:

„De Heiland oß jebor!"

 

Doh bellt da Hund: „Wowoh, wowoh,

woh oß en daan zefunne?"

Doh bläzt die Jeeß: „Ze Bedleheem!"

un bleift net langä hunne.

 

Da Hund, da sät: „Ech loten doar,

un wären et hunnert Stunne,

un lack nimm sein kaal Feßcher woarm,

wenn ech en hon jefunne."

 

Doh sät de Honn: „Ech zierene schien

mot Feddern sunnerjleichen!"

Doh sät die Jeeß: „Ech Jan em Meilich,

Sankt Jusep soll mech streichen!"

 

Un waat jeß dou, o Mänschekund,

deinem Jott aus treuem Herzen?

Wells dou un Sund un Unverstand

dei Sielenheel verscherzen?

 

Dou brauchst net iwwer Land un Meer

no Bedleheem ze rennen,

dän Heiland findste iwweraal,

wenn dou en wellst erkennen.

(Übersetzung wäre möglich!, laut lesen hilft)

Dieser Text hat auch etwas vom dem Mönch, der um die Welt läuft und das Gesuchte am Ende in seiner Klause am Ausgangsort findet. 

   

Sonntag, 20. Dezember 2020

unverstand und hoffnung trotzdem


»Möge die Kraft, die immer wieder eine Balance anstrebt, doch diesen gequälten Erdball nun auch bald wieder in ein Gleichgewicht bringen damit die Besten der Spezies Mensch wieder zum Wirken kommen können und nicht mehr die Destruktiven, die rohen Egoisten, die geistig Beschränkten, Viehischen.«
Hannah Höch in ihrem Notizkalender am 25. Januar 1946


dieses zitat scheint mir sehr passend. vielleicht kommen in krisenzeiten die besten und die destruktivsten eigenschaften von menschen ans licht. 

ich freue mich an der gewissheit, dass ich von menschen weiß, die gemeinsam mit anderen diese krise überstehen wollen. denen nicht kurzfristiger spass das wichtigste ist, oder konsum um jeden preis. diese zeit macht mich müde, trotz alledem sind wir nun eine gute strecke gegangen und werden auch die letzte mauer überwinden. wenn ich an den zustand im deutschland im januar 1946 denke, bewundere ich die kraft der menschen damals umso mehr. 

hoffentlich lernen alle und helfen mit , die erde könnte ein bewohnter garten sein, zu mindestens die armut ist skandalös. niemand braucht für sein leben mehr als beispielsweise zehn millionen euro, oder?




Freitag, 18. Dezember 2020

reiten und miteinander leben



es war wohltuend über die wiesen zu reiten. die luft war klar und alle dummen gedanken verwehten. bürostress abbauen und gedanken über manchmal sinnlose planungen waren vergessen.

schritt für schritt für schritt nehme ich raum ein, mit meinem pferd. coronaabstände und maske brauche ich hier nicht, hände wasche ich ohnehin hinterher immer. das pferd ist warm und lebendig, ich spüre seine bewegungen und es spürt mich.

das verhalten mancher mitbürger ist sehr erschreckend. ein mann führte sich völlig unangebracht wie ein blockwart auf  und beschimpfte eine ehrenamtliche mitarbeiterin. dann musste ich von einer dame lesen, die mit positivem covid- test noch schnell zum friseur wollte mit der begründung " man wolle ja anständig aussehen im krankenhaus".

solidarität braucht es in krisen, verantwortungsvolles handeln und fürsorge, auch für mitmenschen.

ich konnte mir die kurz aufkommende genugtuung  bei der nachricht, dass der afd-abgeordnete, der im bundestag letzthin mit kaputter maske zum pult lief und nun mit covid ins krankenhaus kam,  fast nicht verkneifen. er wurde ermahnt und bekam eine andere maske, zu spät? 





Dienstag, 15. Dezember 2020

Advent- Vorfreude


                                          Engel neben dem gruseligen Relief am alten Haus

sie lachen, die beiden, über die rennenden menschen, die heute panisch letzte weihnachtseinkäufe erledigen? jeder/jede würde auf befragen sagen, das sein nicht so wichtig. warum rennen so viele menschen trotzdem wie aufgescheucht durchs städtchen?

entspannt schauen die beiden, haben schon viel gesehen. und sie wissen auch, jede zeit hat ihre plage, und ihre freude.

Vorfreude auf Weihnachten

Ein Kind – von einem Schiefertafel-Schwämmchen
Umhüpft – rennt froh durch mein Gemüt.

Bald ist es Weihnacht! – Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
Uns mild. – Es werden Lieder, Düfte fächeln. -

Wer nicht mehr Flämmchen hat, wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann doch gütig lächeln.

Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind – einmal im Jahr! –
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.

Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.

(Aus: J. Ringelnatz, 103 Gedichte, Berlin 1933) 



Samstag, 12. Dezember 2020

Winterschlaf?


 Relief an einem alten Haus, rätselhaft

Eine seltsame Zeit haben wir. Ab morgen geht das Land wieder in den Vorruhestand, die Infektionen mit Covid 19 nehmen weiter zu. Die Schließung der Hotels, Geschäfte, Theater und Museen zieht sich wie eine dicke, lähmende Decke über alles. 
Gut wäre, wir Menschen könnten auch in den Winterschlaf gehen. Aber dann brauchte es ja trotzdem Menschen, die für eine Versorgung der Alten und Kranken arbeiten.

Ich bin müde von diesem Jahr. Es hatte zu wenig Leichtigkeit und Gemeinschaft, zu wenig von vielem, was mir wichtig ist. Jedenfalls verabschiede ich dieses Jahr gerne, und auch dies ist ihm egal.

Diese rätselhafte Figur auf dem Foto scheint bedrohlich. Ich möchte laut lachen und sie verscheuchen. 
Alles ist mein Leben, gehört dazu.
Uns hier in Mitteleuropa geht es immer noch gut, wir müssen hellwach und mutig sein, solidarisch und offen für neue Wege.    

Für die kommende Ruhezeit haben wir viele verschiedene Bücher.

Dienstag, 8. Dezember 2020

was ist KUNST?




 KUNSTBEGRIFF des GRUNDGESETZES


EINE KÜNSTLERISCHE TÄTIGKEIT IM SINNE DES 

ARTIKELS 5, ABSATZ 3 GG ist eine

GEISTIGE, EMPFANGSORIENTIERTE, SINNGEBENDE 

TÄTIGKEIT,

DIE DURCH EIGENWERTIGES UND SELBSTÄNDIGES 

GESTALTEN ERNSTHAFT EIN

FERTIGES WERK ANSTREBT, DAS ALS 

SINNERWARTUNGSTRÄGER BEIM EMPFÄNGER

subjektiv originäres erleben auslöst oder auslösen will.





Ist das nicht schön? 






Sonntag, 6. Dezember 2020

Fallstricke

 


"Alles in allem wird deutlich, dass die Zukunft gute Chancen bereit hält; sie enthält aber auch Fallstricke.
Der Trick ist den Fallstricken aus dem Weg zu gehen und um sechs Uhr wieder zu Hause zu sein."
Woody Allen

es ist halt wie immer, und es war auch schon immer so. und dabei geht es uns um vieles besser als generationen vor uns oder in anderen teilen der welt.

lernt hüpfen und schaut, wo ihr hintretet! 


Donnerstag, 3. Dezember 2020

Gelingen



Was können wir dazu beitragen, dass unser Leben "gelingt"? Was heißt dieses "gelingt"?
Ich denke, wir leben um uns mit den uns eigenen Fähigkeiten in die Welt zu tragen und dabei manchmal glücklich, und über weite Strecken zufrieden zu sein. Wenn wir erst gelernt haben, uns nicht mit anderen zu vergleichen, weil jede/jeder anders ist, und unser Lebensziel nicht auf Dinge, sondern auf  Zustände, Gefühle oder Ziele zu richten, dann erahnen wir unseren Weg.
Dieser ist nicht einfach, aber uns. 


Verena Kast schrieb dazu:
"Es gelingt denen, die die Fähigkeit haben, nicht nur sich selber, sondern die Menschen und die Welt um sich herum wahrzunehmen. Und es gelingt denen, die dem folgen, woran sie ihr Herz gehängt haben, die irgendeine Leidenschaft antreibt. Und es gelingt denen, die an ihre eigenen Möglichkeiten glauben, die grundsätzlich Vertrauen in das Leben haben." (Verena Kast, Vom gelingenden Leben, dtv 2000)


Dabei muss ich zugeben, dass ich manchmal angesichts der Pandemie gerne mehr Macht hätte.  Und Demos ohne jeden Abstand und Maske würde ich verbieten.
Wenn diese Demonstranten sich so für das Gemeinwesen und Demokratie einsetzten, wären wir weiter.

Veränderungen

                                               Kunstpark Seckach   Marie von Ebner-Eschenbach Das eilende Schiff, es kommt ...